Wie ich lernte, den Bambus zu fürchten
Immergrün, pflegeleicht und weitestgehend frei von Krankheiten und Schädlingen (außer Bambusmilben) – das ist Bambus! Vor allem höherer und hoher Bambus wie die Sorten des Flachrohr-Bambus (Phyllostachys) und des Schirmbambus (Fargesia) haben Bedeutung in der Gartengestaltung.
Bambus-Grafik bei Flachrohrbambus: Faszinierend als Gruppe und im Detail; links: Phyllostachys bissetti, rechts: Halm mit Knickwuchs bei Phyllostachys aureosulcata 'Spectabilis'
Bambus ist elegant, kann bei der richtigen Inszenierung durch die Grafik seiner Halme vor allem auch im Zusammenspiel mit Architektur beeindrucken, wirken herrlich in Wassernähe und als lockere und im Wind schwingende Solitärs. Das Rascheln der feinen Blättchen ist dabei sinnliche Zugabe.
Die richtig dicken Halme erscheinen bei
Phyllostachys nach etwa 10 bis 15 Jahren
Aber: In der Verwendung kann die ostasiatisch-exotische Anmutung von hohem Bambus auch deplaziert oder als Fremdkörper wirken. Für naturnahe Pflanzungen und in landschaftlichem Kontext eignen sich Bambus hierzulande nicht und überzeugen mich als Gartenthema nur mit passender ‚Begleitmusik‘ wie z.B. aus Farnen, Gräsern, Rhododendron und Blattschmuckstauden.
Auch nicht verschwiegen sollte der leider sehr geringe ökologische Wert dieses Riesengrases für die heimische Vogel- und Insektenwelt: Bambus ist weder Nahrungsquelle noch Nistplatz (und nein, Pandabären zählen nicht zur heimischen Tierwelt). Bambus schneidet in ökologischer Hinsicht damit noch schlechter ab als die teilweise zu Recht kritisierten Thuja und Kirschlorbeerpflanzungen.
Bambus als Instant-Sichtschutz: Lieferung und Pflanzung von 4 m hohen Phyllostachys aureosulcata 'Spectabilis'; erkennbar auf dem linken Bild entlang des Betonplattenweges: Rhizomsperre
Je nach Art und Sorte können die Halme der wichtigsten Art Phyllostachys bis zu 8 m hoch werden. Bambus sind zwar immergrün, die Lebensdauer einzelner Halme ist aber dennoch begrenzt – Fachleute sprechen von einer durchschnittlichen Lebensdauer von etwa 6 Jahren für den einzelnen Halm. Mit zunehmendem Alter werden die ehemals frischgrünen (bzw. je nach Art blaugrünen oder gelben) Halme grau und fahl, teils sterben sie ganz ab.
Die besonderen Eigenschaften des Bambus - nämlich die Lockerheit der Bambusgestalt, die sortentypisch starken, farbige, besonders gezeichneten Halme oder besondere Wuchseigenschaften wie der Zickzack-Wuchs einiger Phyllostachys-Sorten kommen i.d.R. nur bei gezielter Pflege gartenästhetisch richtig zu Geltung.
Bild links: Bambus-Wand als undurchdringlicher pflanzlicher Teiler zwischen zwei Gartenbereichen; Bild rechts: Um die Halme besser zur Geltung kommen zu lassen, sollte die Seitenbezweigung im unteren Teil entfernt werden - ist Sichtschutzfunktion erwünscht, Seitenbezweigung bei den Halmen im Hintergrund belassen
Zu diesen Pflegemaßnahmen zählen:
- Ausdünnen von Halmen für nicht zu dichten Stand
- Entfernung von jüngeren (dünnen) Halmen
- Entfernung von Seitentrieben im unteren Bereich, um die Halme freizustellen
- Entfernung alter/ überalterter Halme
Die abgefallenen Blättchen (das Bambuslaub) sollte vor Ort belassen werden, sind sie doch wichtige Siliziumquelle als wichtiger Baustoff für Zellwände und zur Verbesserung der Trockenresistenz.
Bambus lässt sich mit Blick auf das Ausbreitungsverhalten in zwei Gruppen einteilen:
Die eine – i.d.R. im Gartendauerverhalten unproblematische - Gruppe sind horstbildende Bambus. Zu dieser Gruppe gehören die weit verbreiteten Sorten von Fargesia (auch bekannt als Sinarundinaria) mit den eher sehr schlanken Halmen.
Neue Halme wachsen bei dieser Sorte aus einer unterirdischen Knospe (pachymorphes Rhizom), so dass eng aneinanderstehende Halme entstehen
Deren Horste können jedoch mit den Jahren bei bambusfreundlichem Standort auch eine beachtliche Größe erreichen. Mit einem scharfen Spaten lassen sich diese Horste jedoch problemlos reduzieren – dies ist auch das Vorgehen, um Bambus zu vermehren: nämlich durch Teilung. Durch das Zusammenbinden eines ‚Halmpaketes‘ und der anschließenden Wurzelteilung lässt sich so eine neue Pflanze gewinnen. Ratsam ist die Einkürzung des so neu entstandenen Halmpaketes – so lassen sich Windempfindlichkeit und Verdunstungsrate der neuen Tochterpflanze verringern.
Und dann kommen wir zur zweiten Bambusgruppe und deren im Garten problematischem Ausbreitungsverhalten: Der Gruppe der ausläuferbildenden Bambus. Die verbreitetste Art dieser Gruppe sind Phyllostachys.
Bambus dieser Gruppe verfügt über ausläuferbildende Rhizome, sog. leptomorphe Rhizome. Aus den sogenannten Rhizomaugen der leptomorphen Rhizome entwickeln sich neue Halme oder weitere Rhizome.
Das Augenmerk bei Rodungsaktionen ‚entkommener‘ ausläuferbildender Bambus gilt ebendiesen Rhizomen. Es reicht nicht aus, diese meist nicht sehr tief unter der Oberfläche verlaufenden finger- bis daumendicken Rhizome einfach per Spaten im Boden zu Scheiben zu zerstückeln: Die Rhizome werden wieder austreiben. Aus diesem Grund gehören Rhizome auch nicht zum Kompost (es sei denn, Sie möchten Bambus dort vermehren).
Die wie dünne Drahtbürstchen von den Rhizomen abstehenden Wurzeln sind übrigens unproblematisch, auch wenn sie (beim Herausreißen der Rhizome fast zwangsläufig zum Teil) im Boden verbleiben – daraus treibt das Gras nicht erneut aus.
Die Neigung zum ausläuferbedingten Wuchern wird gelegentlich in Abhängigkeit zur Bodenart gesehen: Auf schweren Lehm- und Tonböden scheinen potenziell ausläufertreibende Sorten eher größere Horste zu bilden. Davon berichtet zumindest Jos van der Palen in einer alten Ausgabe der Gartenpraxis. Darauf ankommen lassen würde ich es nicht!
Als Rhizomsperren eignen sich HDPE-Folien mit einer Dicke von 2 mm. In dieser Dicke ist eine ausreichend hohe Wurzelfestigkeit gegen die Bambusrhizome gewährleistet. Die Folie ist bei 2 mm Dicke so steif, dass der Einbau als ‚stehender Ring‘ erleichtert wird.
Bambusrhizome kriechen recht flach. Als Standard-Folienbreite für Rhizomsperren wird Rollenware in 70 cm Breite angeboten. Dazu erhältlich sind passende und bei korrekter Montage ‚ausbruchssichere‘ Verschluss-Schienen aus Aluminium.
Je nach Rhizomdruck innerhalb einer Sperre, die von der Größe der eingesperrten Fläche abhängig ist (Empfehlung: ø mindestens 1,50 m, besser größer) sowie von den Wachstumsbedingungen, können die sich eigentlich flach ausbreitenden Rhizome bei entsprechendem Drehwuchs entlang der Innenseite der Folie diese auch unterwandern. Tiefere Sperren bieten so gesehen eine größere Sicherheit, bedeuten aber auch erheblichen Mehraufwand bei der Herstellung. Die Firma Hermann Meyer bietet Folien bis 100 cm an, einschließlich der passenden Verschluss-Schiene.
Ganz wichtig beim Einbau der Rhizomsperre: Die Oberkante der Folie sollte umlaufend 5 bis 10 cm über Geländeniveau eingebaut werden, denn Rhizome können zu flache Kanten tatsächlich überwinden. Diese Folienkanten lassen sich mittels Stauden- oder Gräserpflanzung außenherum kaschieren.
Ein Landschaftsgärtner schwört auf eine andere Lösung: Er hat beobachtet, dass sich Bambus innerhalb einer (ggfs. zu engen) Wurzelsperre über drehwüchsige Rhizome selbst strangulieren. Er schlägt vor, in der Rhizomsperre einen Spalt zu belassen und alle Rhizome, die dort hindurchwachsen, kontrolliert abzuschneiden. So ließe sich die Neigung zur Selbststrangulation by Drehwuchs verhindern. Haben Sie Erfahrung mit dieser Methode? Dann schreiben Sie uns!
Ausläufer trotz Rhizomsperre
Viel häufiger wird der unbeabsichtigte, unbemerkte und vor allem ungewollte Rhizomausbruch im Garten vorkommen.
Auf meiner Im-Garten-To-Do-Liste steht seit längerer Zeit, genauer gesagt seit 4 Jahren ein in unsichtbarer Tinte geschriebener (weil sehr unangenehmer) Punkt: Bambusausläufer entfernen.
2011 haben wir als halbtransparente pflanzliche Terrassenbegrenzung drei Exemplare von Phyllostachys nigra gepflanzt, ‚gesichert‘ durch zwei Rhizomsperren.
Was schon bald nach der Pflanzung auffällt: Wir haben wohl Klone gepflanzt, deren Halme nicht so richtig schwarz ausfärben – oder handelt es sich gar um Phyllostachys bissettii mit seinen olivgrünen Halmen?
Egal, die drei Bambuspflanzen fingen im dritten Jahr nach der Pflanzung an, neue Halme zu bilden und bald hatten wir eine angenehm halbtransparente Bambusgruppe für flirrenden Schatten auf der Terrasse und trotzdem noch ein wenig Durchblick vom Wohnzimmerfenster bis in den Garten – und eben keine Heckenwand.
Lush Life auf der sommernächtlichen Terrasse unter Bambusblätterdach und mit illuminierten (freigestellten) Halmen, die halbtransparent abschirmen aber nicht abschotten: Bambus perfekt!
Unsere Terrasse ist ein Holzdeck. Im Jahr 2018, also 7 Jahre nach Pflanzung, tauchten vereinzelt kleine Bambustriebe sowie einzelne Bambusblätter-büschel in den Fugen der Terrassendielen auf. Nur vereinzelt – und so gut es eben geht auch gleich entfernt (abgerissen trifft es wohl besser).
Diese Blättchen und Triebe tauchten von nun an in jedem Jahr erneut auf. 2021 wurde unübersehbar, dass es dem Bambus in seiner Rhizomsperre so langweilig wurde, dass er gleich in mehrere Richtungen Ausbreitungsversuche gestartet hatte: Neben den Blättchenbüscheln und Minihalmen im Bereich des Holzdecks erschienen nun auch etwas stärkere Halme auf der den Bambus und der Terrasse gegenüberliegenden Pflanzfläche.
Bambus, wir haben ein Problem!
Jetzt hatten wir Angst die Faxen dicke und starteten die Mission ‚Rhizomausbruch bekämpfen‘. Auf der Pflanzfläche war dies einfach: Folge der Spur der Halme und grabe das Rhizom aus. Die Rhizomsperren selbst wurden freigelegt und alle Rhizome, die über die Folienkante hinübergeköpfert hatten, wurden gekappt.
Problematisch blieben die Blättchenbüschel in den Fugen des Holzdecks: Einzelne Dielen wurden abgeschraubt und die unter dem Deck horizontal niederliegenden Halme (nicht Rhizome!) so gut wie möglich herausgerissen.
Die Rhizome hatten es mittlerweile bis vor die Hausfassade geschafft – das sind immerhin fast 4 Meter von der Mutterpflanze entfernt. Dort, in der Fuge zwischen Holzdeck und Fassade, erschienen mittlerweile auch wieder dünne Halme und Blättchenbüschel - bis zu 12 m von der Mutterpflanze entfernt...
Um nicht das Holzdeck in größerem Umfang aufnehmen zu müssen, beschränkten wir uns auf die Salamimethode: Per Spaten einfach das Rhizom in kleine Stücke zerteilen…
2022. Der Bambus ist zurück und scheint nun mutig (kräftig) genug, sein wahres Gesicht zu zeigen. Die Rhizom-Zerstückelaktion war nicht erfolgreich, denn der Bambus hatte weitere Flächen bereits infiltriert. Besonders eifrig war er unter dem Traufstreifen aus Kupferschlackeschotter: Aus dieser Fläche sprossen nun daumendicke(!) Halme mit Wuchsleistungen von sicherlich 25 bis 30 cm pro Tag.
Es nützte nichts: Die Fläche musste freigelegt werden, es hieß: der Bambus oder wir!
Und so sah es unter dem Traufstreifen aus: Dicke Rhizombündel wie Mittelspannungsleitungen durchzogen die Fläche. Zahlreiche Bambusspross-Knospen waren bereits in Hab-Acht-Position. Und am allerschlimmsten: Die Rhizome hatten sich wie Nähnadeln mit dem Geotextil, dass als Trennlage unter der Kupferschlacke verlegt wurde, verwoben. Die Rhizome ließen sich nur per Schere vom Geotextil trennen.
Diese Fläche ist nun rhizomfrei. Leider befürchte ich Schlimmes für die Fläche unter dem Holzdeck. Ich werde den Spaten wohl schon für 2023 schärfen…
Veröffentlicht in Pflanzenverwendung am 21.06.2022 8:02 Uhr.